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Stonewalling: Wenn der Partner im Streit schweigt

"Jetzt sag doch auch mal was!", "Wie können wir das ändern?", "Bist du denn eigentlich noch glücklich?!" – wer im Beziehungsstreit auf diese Fragen nur Schulterzucken, Schweigen oder ein "weiß nicht" bekommt, hat es mit dem sogenannten Stonewalling zu tun.


Ein Frau die die Beziehung verlässt

Stonewalling, das meint: dicht machen, totschweigen, mauern. Es ist die Verweigerung, sich bestimmten Konflikten zu stellen und führt in Liebesbeziehungen nicht selten zu deren Ende. Das Gegenüber bleibt verzweifelt zurück und bohrt immer weiter, ohne Chance. Denn wenn ein Mensch mauert, vielleicht sogar die Wohnung im Streit verlässt, kann sich kein Problem lösen, kein Konflikt aufgelöst werden.

"Dieser Rückzug aus dem Streit gilt zu Recht als völlig desaströses Beziehungsverhalten."

Was also tun, wenn der oder die Partner:in jedes Mal im Streit auf Durchzug schaltet? Stonewalling und das Leiden darunter sei "einer der häufigsten Paarkonflikte".

Psychologe Christian Hemschemeier


Teufelskreis der Kommunikation

"Stonewalling taucht isoliert auch in toxischen Beziehungen auf. Aber in den meisten Fällen ist es eher Teil einer partnerschaftlichen Dynamik im Konfliktfall", erklärt Hemschemeier. Er nenne das auch "Attacke und Rückzug. Also einer zieht sich zurück und der andere geht in die verbale Attacke." Ein absoluter Teufelskreis, wie der Psychologe schildert:

"Das ist ein Kreislauf zwischen beiden Parteien, der sich schnell verfestigt: Einer macht immer mehr Druck, weil sich der andere zurückzieht, und dann zieht sich der andere immer weiter zurück, gerade weil er so viel Druck spürt."

Schon kleine Kinder halten sich gerne die Ohren zu, wenn es eine Strafpredigt gibt. Das Problem ist nur: Ein Konflikt löst sich nicht auf, nur weil man so tut, als wäre er nicht da. Ganz im Gegenteil. Der Ärger wird eher noch größer, weil es erstens keine Lösung gab und sich der oder die Partner:in obendrauf jetzt auch noch im Stich gelassen fühlt.

"Dieser Rückzug aus dem Streit gilt zu Recht als völlig desaströses Beziehungsverhalten", sagt Christian Hemschemeier. "Denn wer Druck macht, sitzt zumindest noch am Verhandlungstisch, während der, der Stonewalling betreibt, diesen Tisch bereits verlassen hat."


Den Grund für das Schweigen suchen

Wie kommt man also wieder zusammen? Der Psychologe rät dazu, den Anderen in einem ruhigen und friedlichen Moment offen auf das Problem dahinter anzusprechen, zu fragen: Was macht dir Angst, wenn wir diskutieren? Ist es Überforderung? Sorge, etwas Falsches zu sagen? "Interessanterweise wissen die meisten Menschen durchaus, woran es liegt", sagt der Psychologe.

Dass dieser Ansatz leider nur selten klappt, ist Hemschemeier allerdings klar: "Das Problem beim Stonewalling ist ja gerade, dass der Partner gar nicht mehr an der Unterhaltung teilnimmt und daher kann es natürlich sein, dass man auch auf diese Fragen keine Antworten bekommt."

Mit viel Glück traut sich der Partner oder die Partnerin aber doch, mit der Sprache herauszurücken und man kann sich gemeinsam überlegen, wie ein Streit nächstes Mal besser läuft. Manchen hilft es, einen Brief zu schreiben, um die Gedanken zu sortieren.

Andere brauchen einen Termin, um sich nicht inmitten des Arbeitsalltags überrumpelt zu fühlen.

Hat man in einem ruhigen Moment und ohne Vorwurf nachgefragt und dennoch wieder nichts als Schweigen erhalten, ist es aber okay, mit dem Latein am Ende zu sein. Wenn man die Beziehung dennoch retten will, "empfiehlt es sich, eine Paartherapie aufzusuchen", so Hemschemeier, "denn es ist unheimlich schwierig, zu zweit aus dieser Dynamik herauszukommen."

"Einsam zu zweit. Das ist das Schlimmste."

Psychologe Christian Hemschemeier

Auch in der Therapie geht es meist um die Gründe für den einseitigen Rückzug. "Man kann immer nur versuchen herauszufinden: Was brauchst du, damit du endlich reden kannst? Dann kann man gemeinsam versuchen, eine Atmosphäre zu schaffen, in der auch der flüchtende oder schweigende Part sich endlich öffnet. Das ist der positive Fall", erklärt der Paartherapeut.


Schluss machen ist manchmal gesund

"Der negative Fall ist, dass Menschen Stonewalling betreiben, weil sie tatsächlich kein Interesse haben, Energie in die Beziehung zu investieren", sagt Hemschemeier weiter. Das sei meist dann der Fall, wenn die 'Stonewaller' "eigentlich schon etwas anderes nebenher am Laufen haben oder sich gar nicht wirklich auf eine Bindung einlassen wollen."

Manchmal will der mauernde Part seinem Gegenüber nämlich wirklich nicht mehr nahekommen. Der Paartherapeut: "Da kann man dann eigentlich gar nichts mehr machen, um ehrlich zu sein."

Trennung ist in solchen Fällen der einzige Ausweg. Denn wer versucht, einen Menschen zu lieben, der immer nur dichtmacht, leidet extrem, warnt Hemschemeier.


Schweigen ist emotionale Gewalt

"Für unser Bindungssystem ist das furchtbar. Das ist wirklich eine der problematischsten Verhaltensweisen in Beziehungen", wird er deutlich und führt aus:

"Wer mauert, denkt vielleicht: 'Ich mache ja nichts, ich habe mich nur zurückgezogen.' Aber das ist eine der schlimmsten Sachen, die man dem Partner emotional antun kann."

Menschen seien von jeher dazu veranlagt, starke Bindungen zu ihren Mitmenschen aufbauen zu wollen, sagt er. Wer mit jemandem eine Gemeinschaft eingeht, möchte sich von dieser Person gehört fühlen und sich mit ihr austauschen können. 

"Das ist ein uraltes Bedürfnis", sagt Hemschemeier. "Wenn der andere das verweigert und einfach eine Mauer da aufbaut, wo Nähe sein sollte, macht das die Betroffenen wirklich total fertig." Dann sei man "einsam zu zweit. Das ist das Schlimmste."

"Jemanden bei sich zu haben, der wie ein fleischgewordener Vorwurf durch die Gegend rennt, ohne dass man überhaupt weiß, was in diesem Menschen vorgeht, das ist totaler Stress, sogar körperlich", erklärt der Therapeut abschließend. "Es ist gesünder, dann wirklich alleine zu sein."


Quelle: Watson, Julia Dombrowsky

 

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